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Dan Brown: Diabolus




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Abenteuer - Abenteuer
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Beschreibung:

Die kryptographische Abteilung des US-Geheimdienstes NSA verfügt über einen geheimen Super-Computer, der in der Lage ist, innerhalb kürzester Zeit jeden Code (und somit jede verschlüsselte Botschaft) zu knacken. Der Rechner kommt zum Einsatz, wenn Terroristen, Drogenhändler und andere Kriminelle ihre Pläne mittels codierter Texte verschleiern und die Sicherheit der USA auf dem Spiel steht.
In der Vergangenheit konnten die Kryptographen täglich hunderte von Codes knacken – bis zu dem Tage, als Diabolus zum Einsatz kommt: Ein mysteriöses Programm, das den Super-Rechner offenbar überfordert. Der Entwickler des Programms droht, Diabolus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Würde dieses Programm zum Verschlüsselungs-Standard werden, wäre der erfolgreichen Verbrechensbekämpfung der NSA über Nacht die Basis entzogen. Die Mitarbeiter des Geheimdienstes setzen alle Hebel in Bewegung, das drohende Desaster zu verhindern …

Dauer: ca. 450 Minuten
Art: Lesung

Redaktion: Dr. Arno Hoven
Schnitt: Dennis Kassel
Regie: Kerstin Kaiser
Produktion Marc Sieper

VÖ: 15.02.2005

Empfohlener VK: € 19,90 (ohne Gewähr)
ISBN-Nummer: 3785714777 (6 CD)



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lordhorst (20.08.2021)
jones27 (06.12.2007)
goldstatue (23.12.2005)
chrizzz (23.03.2005)


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  Kommentar von lordhorst :
Zunächst das Positive: Detlef Bierstedt macht einen Superjob. Der Mann könnte auch das Telefonbuch von Castrop-Rauxel aus dem Jahre 1983 vorlesen, und ich würde ihm trotzdem zuhören.

Nun das Negative: Das Telefonbuch von Castrop-Rauxel aus dem Jahre 1983 wäre eine bessere Wahl für ein Hörbuch gewesen als "Diabolus" (bzw. "Digital Fortress", wie's im Original heißt. Aber "Digitale Festung" reiht sich halt nicht so schön in die Namensliste des Da-Vinci-Codes ein).

Es wird sofort deutlich, wieso dieses Buch erst veröffentlicht wurde, nachdem Dan Brown zum Bestsellerautor geworden ist: Das Buch ist schlecht. So richtig schlecht. Hätte man es im Giftschrank gelassen, es wäre besser für alle gewesen. Zumindest hätte man einen vernünftigen Lektor drüberlesen lassen sollen. Und weil es so schlecht ist und von niemandem gehört oder gelesen werden sollte, werde ich auch mit Spoilern nicht sparen. Der geneigte Review-Leser ist hiermit also vorgewarnt.

Quasi nichts von dem, was Dan Brown uns als Fakten verkaufen will, stimmt. Weder seine Beschreibungen der NSA, auch nicht die Beschreibungen von E-Mail, Kryptographie, Verschlüsselung, Schlüssellänge und schon gar nicht seine Beschreibungen von Sevilla oder Spanien. Doch damit nicht genug, auch der Schreibstil ist schlecht. Dan Brown scheint kein Freund des Ratschlags "Show, don't tell" zu sein, denn ständig erzählen uns die Charaktere was sie glauben, was sie denken, was sie machen, was sie hoffen, oder sie erzählen uns, was andere Charaktere machen, wie sie aussehen oder gar, wie schlau sie sind. Und damit sind wir schon beim größten Problem des Buchs angekommen: Ständig versucht der Autor uns klarzumachen, dass seine Charaktere nicht nur wie Adonis oder Venus aussehen, sondern auch noch schlauer als Einstein und Hawking zusammen seien. Jedoch handeln seine Charaktere nicht so. Begriffsstutzig wie ich 2 Sekunden nach dem Aufwachen, stümpern sich die Hauptcharaktere durch die Handlung. Vor allem Susan Fletcher, welche nicht nur "Johnsons Babypuder" verwendet (danke für diese Info, Dan) und tolle Beine hat, sondern auf "diesen Beinen" auch noch "einen IQ von 170 spazieren trägt", glänzt während des gesamten Romans durch Nichtstun. Alles, was sie zustandebringt ist, einen "tracer" abzuschicken (welcher schon rein technisch gar nicht möglich ist, dazu aber gleich mehr). Und das auf 570 Romanseiten!

Ihr männlicher Gegenpart Dan Brown... äh, David Becker, rein zufällig ihr Verlobter und so schnell auf einem Squashcourt unterwegs, dass es niemand begreifen kann, avanciert derweil von einem Professor der Georgetown Universität und "Spezialist für Fremdsprachen" zu einem Superdetektiv, hetzt auf der Suche nach dem heiligen MacGuffin durch Sevilla, stolpert dabei von einer Schusseligkeit in die nächste und wird zum Ende mit einer Ladung Pfefferspray belohnt. Nun mag man kurz innehalten und sich denken: Warum zur Hölle wird ein "Spezialist für Fremdsprachen" und Professor der Georgetown Universität von der NSA nach Spanien, um einen MacGuffin zu beschaffen? Naja... "weil er die Sprache spricht". Genau. Niemand sonst auf dieser Welt spricht Spanisch, außer David Becker. Ach ja, und schätzungsweise 550 Millionen andere Menschen (ca. 90 Millionen davon als Fremdsprache).

Zu guter letzt widerspricht sich der Autor in seinen Beschreibungen auch noch ständig selbst. Da gibt es z.B. den Charakter der Mitch Milkin, die seit Jahrzehnten für die NSA arbeitet, und deren "Ahnungen" anscheinend berüchtigt sind, weil sie mit ihren Ahnungen ständig richtig liegt. Und trotzdem hört KEINER auf sie, als sie wieder mit einer dieser Ahnungen aufwartet. Ständig wird sie abgewiegelt. Dann ist da ein Killer, der reihenweise Nebencharaktere aus dem Weg räumt (warum eigentlich?), aber zu blöd ist, David Becker aus dem Weg zu räumen und auf wirklich abenteuerliche Art und Weise versagt. Da ist Susan Fletcher, angeblich superschlau in die beste Kryptographin weltweit, scheitert aber schon an einem simplen Anagramm.

Was sind nun all die falschen Fakten und Unstimmigkeiten, die Brown uns auftischt? Alle aufzuzählen würde tatsächlich zu lange dauern, deshalb hier eine sehr unvollständige und unsortierte Liste:
- Brute Force, und darum dreht es sich während des gesamten Romans, wird höchstens als letzter, verzweifelter Versuch angewendet. Und wenn man Brute Force einsetzt, muss man zumindest wissen, mit welchem Alhorithmus etwas verschlüsselt wurde. Einfach wahllos irgendwelche Keys durchprobieren funktioniert nicht. Browns tolle Idee von einem TRANSLTR fußt auf einem wirklich gewaltigen Fehler:
- Ein Code mit 64 Bit ist nicht 64, sondern 2^64 Zeichen lang. Das ist eine 1 mit 19 Nullen! Ein Code mit 65 Bit ist dementsprechend nicht 65, sondern 2^65 Zeichen lang. Das sind doppelt so viele Zeichen wie bei 2^64!
- Zum Vergleich: Susan Fletcher sinniert darüber, dass der Schlüssel, mit dem TRANSLTR es zu tun hat "gigantisch" sein müsse: "Über zwanzig Milliarden Stellen lang". 20 Milliarden hat 10 Nullen, also gerade mal 2^34 Bit. PGP, welches kurz erwähnt wird, hat z.B. nie Keys kürzer als 128 Bit verwendet, 2^34 war also schon 1998, als der Roman geschrieben wurde, ziemlich schwach
- Einen "Tracer", wie im Buch beschrieben, kann es nicht geben. Gesendete Mails lösen sich nicht einfach auf, nachdem sie beim Empfänger angekommen sind. Sie schicken auch nicht "ihre Position im Internet" (??) an den Absender zurück, sobald sie im Postfach des Empfängers aufschlagen. Der Empfänger müsste die Mail erst öffnen und dann das Senden der Lesebestätigung abnicken. Der Empfänger der Mail ist aber tot.
- "Eine dieser neuen hybriden Programmiersprachen" ist ebenfalls ein seltsamer Satz, aber immerhin gibt es Programmiersprachen, die man so bezeichnen kann (z.B. C/C++). Ist also immerhin sinnvoller als im Original, wo es "crossbreed" heißt (was es in der Programmierwelt nicht gibt). - ZIP ist kein Verschlüsselungsverfahren
- Die Enigma wog natürlich keine 12 Tonnen, sondern lediglich 12 Kilo. Die Soldaten mussten die Dinger ja auch irgendwie transportieren können.
- "Public-Key-Chiffrierung" gibt es nicht. Was Brown wohl meint, ist das Public-Key-Verfahren...
- ...welches auch noch grob falsch beschrieben wird. Der Empfänger einer mit dem Public Key verschlüsselten Nachricht benutzt seinen eigenen Private Key zur Entschlüsselung, NICHT DEN DES ABSENDERS!!!!
- Es gibt kein "Bergofsky-Prinzip" und die Beschreibung dieses Prinzips ergibt auch keinen Sinn. "Wenn ich einfach alle Möglichkeiten durchprobiere, wird die Richtige schon dabei sein" ist kein mathematisches Gesetz.
- Unknackbare Verschlüsselung gibt es bereits, und nennt sich "One-Time Pad" (ist allerdings auch nur mit großem Aufwand zu implementieren).
- "Rotierender Klartext" ist absoluter Schwachsinn. Was soll das sein? Wie soll das funktionieren? Es gibt zwar einen "Rotating Clear Text" bei der Vigenère-Chiffre, da wird aber der Klartext vor der Verschlüsselung rotiert, also z.B. von oben nach unten statt von links nach rechts geschrieben, und ist natürlich umkehrbar. Das ist aber nicht, was Dan Brown beschreibt. Einen verschlüsselten Text, dessen Klartext "rotiert" ist natürlich unentschlüsselbar, weil nie wieder etwas sinnvolles dabei rauskommen wird.
- Niemand würde sich einen "Diabolus-Chip" in den Rechner einbauen, Verschlüsselung geschieht softwareseitig.
- Wie zur Hölle soll der Gauntlet Viren in Dateien erkennen, die noch verschlüsselt sind?
- Wieso zur Hölle führt der TRANSLTR alle Dateien aus, die er entschlüsselt? Und wieso hat auch noch ungehinderten Zugriff auf die Datenbank + Firewall? Wer ist denn da für die Sicherheit zuständig?
- Niemand hantiert mit Lötkolben in einem laufenden Rechner herum. Schon gar nicht hält er dabei den Lötkolben über Kopf.
- Was hat Brown eigentlich gegen Spanien? Internationale Gespräche aus Spanien sind natürlich kein "Glücksspiel". Spanien ist kein Land mit rückständiger Medizin. Niemand wird mit "schmuddeligen Kissen" auf einem Feldbett untergebracht. Ich glaube, der Satz wurde in der deutschen Übersetzung gestrichen, aber hier ein Zitat aus dem Original: "A punctured lung was fatal, maybe not in more medically advanced parts of the world, but in Spain, it was fatal". Was zur Hölle?
- Auch in Spanien wird die Kommunion erst am Ende der Messe gehalten. Nicht am Anfang.
- Kaum zu glauben, dass man bei der NSA a) nur einen 5-stelligen Passcode verwendet, b) diesen nie ändert und c) sein Terminal beim Verlassen des Arbeitsplatzes nicht sperrt.

Man könnte noch endlos so weiter machen. "Suspension of disbelieve" ist ja schön und gut, aber wer sich auch nur im entferntesten mit Kryptographie auskennt, kommt bei diesem Roman aus dem Kopfschüttel nicht mehr raus. Aber auch alle anderen sollten aufgrund des völlig unzulänglichen Schreibstils, völlig überzogener Zufälle und absolut dumm handelnder Charaktere einen weiten Bogen um dieses Hörbuch machen.

Den einen Stern gibt es für die Leistung von Detlef Bierstedt, denn DEM kann man hier rein gar nichts vorwerfen.



Kontakt: CHRizzz | eMail: chrizzz@hoerspiele.de
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