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Frank Gustavus: Blackout




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Beschreibung:

Hollywood 2001: Paul Spense, in die Jahre gekommener abgehalfterter Hollywood-Schauspieler mit deutschen Wurzeln, schlägt sich mit kleinen Rollen und Alkohol durchs Leben. Er träumt davon, aus der Filmmaschine auszusteigen und in Europa noch mal ganz von vorn anzufangen. Der Traum erfüllt sich auch- aber anders, als Spense es sich gedacht hatte: Nach einem Unfall in den Hollywood-Hills findet er sich in Berlin wieder- allerdings im Jahr 1941 und dort gerät der Mime in echte Schwierigkeiten. Er fällt in die Hände der Gestapo....

Dauer: ca. 70 Minuten
Art: Hörspiel

Buch, Regie und Produktion: Frank Gustavus
Musik: Jan-Peter Pflug
Solo-Violine: Rodrigo Reichel
Geräusche: Martin Langenbach
Tonmeister: Manfred Knauff
Illustrationen: Dominik Krause-Paulus
Artwork: Holger Albertini Frank Gustavus


VÖ: 10.04.2003




Tracklisting anzeigen



jupiter jones (26.11.2007)
quatermass (06.02.2005)
maltin (26.10.2004)
macgyver (14.01.2004)
drfunk (18.10.2003)
wunderklaus (19.09.2003)
ohrwell (17.08.2003)
happa (29.07.2003)
hemator (24.04.2003)
elmar (23.04.2003)
haggi (17.04.2003)
prof. snape (14.04.2003)
chrizzz (06.04.2003)


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  Kommentar von wunderklaus :
Ein Meisterwerk. Virtuos, souverän, eigenwillig. Die Wirklichkeit beginnt, wo die Träume enden. Der in die Jahre gekommene, abgewrackte Hollywood-Schauspieler Paul Spense hofft, dass aus seinem Traum, in Europa noch einmal einen künstlerischen Neubeginn mit einem anspruchsvollen Film über die Flucht einer schwangeren Frau aus Nazi-Deutschland zu schaffen, eines Tages doch noch Wirklichkeit wird. Diese Hoffnung, aber auch seine Fluchten in Koks, Alkohol und Zynismus, lassen ihn die Demütigungen von Regisseuren, den Hohn von Produzenten und den eigenen Verfall leidlich ertragen. Paul Spense ist im funktionierenden, profitorientierten Hollywood der Jungen und Schönen ein Loser. Ein Unfall katapultiert ihn nach ...ja, wohin eigentlich? Ist es wirklich das Berlin von 1941, in dem er erwacht? Oder ist es nur wieder sein Tagtraum von einem Nazi-Drama in Cinemascope? Dafür sind die Eindrücke dann doch zu real – die Geräusche, die Gerüche, der Rauch in der Tingel-Tangel-Kneipe „Zigeunerkeller“ und die Schmerzen von den Folter-Verhören der Nazi-Offiziere. Das Gespinnst seines Traumes (oder seiner Wirklichkeit?) zieht sich immer enger um ihn zusammen. Sein Psychiater rät: „Übernehmen Sie einfach die Regie in Ihren Träumen...“. Doch dazu ist er längst zu tief verflochten - im Netz von Wirklichkeit und Illusion. Viel später in der Geschichte begegnet er sogar der Frau, die in seinem Drehbuch die Flucht aus Nazi-Berlin schafft, und wir erfahren, dass es seine eigene Mutter ist, im 3. Monat schwanger mit ihm selbst. Wenn er am Ende des Hörspiels in einem Zugwaggon, in dem er mit anderen Juden abtransportiert wird, hilflos feststellt: „Hier endet meine Geschichte“, dann wissen wir nicht, ob diese Resignation die Aufgabe seines Lebenstraumes im Amerika von 2001 ist; oder ob wir tatsächlich mit Paul im Jahre 1941 in ein Vernichtungslager fahren. Träumen wir ...oder träumt es uns? Is all that we see or seem but a dream within a dream? Noch eine ganze Weile nach dem Ende der CD ist man still, ganz benommen von diesem akustischen Bilderrausch. Autor Frank Gustavus, zu Recht viel gelobt für seine Jack the Ripper-Adaption, ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus und plagiert nicht einfach nur sein Erstlingswerk. Er hat es sich nicht leicht gemacht, sich nicht wiederholt, sondern einen Stoff erdacht, der dem kommerziellen Hörspiel neue, ungewohnte Motive erschließt. Von einer Hollywood-Party bis in die Folterkeller des NS-Regimes werden wir mitgenommen. Sicher und klug in der Wahl der Stilmittel vermeidet es der Autor, Stellung für die eine oder andere Realitäts- bzw. Traumebene zu beziehen. Beides ist immer gleich real, gleich möglich: Die Nazis des Berlin von 1941 sind stellenweise belastend lebensecht, und dann entsprechen sie auch wiederum Abziehbildern tumber deutscher Bösewichter aus schlechten B-Filmen. Sie sind Charaktere und Karrikaturen zugleich, so wie die Story Realität und Filmkulisse gleichzeitig ist. Wirklichkeitsnah und dann doch wieder blechern künstlich, auch im Sound. Der Film im Film? Das Hörspiel als doppelbödiges Vexierspiel. Beispielhaft genau und liebevoll werden Figuren und Ambiente gezeichnet – vom Dialekt bis zum Lokalkolorit stimmt einfach alles. Die mitreißenden, Gänsehaut erzeugenden Sprecherleistungen von Lutz Mackensy, Dietmar Mues oder Ulrike Frank tragen das ihre dazu bei. Und jeder, der künftig versucht, Traumsequenzen in Collagentechnik zu erzählen, wird sich immer an dem atemberaubenden Track 11 („Der Pool“) messen müssen – besser geht es nicht! Man versinkt förmlich im Bassin der Zeitebenen. Unselbständige Hörer sollten nicht erwarten, dass ihnen am Schluss eine eindeutige, endgültige oder auch nur logische Erklärung für Paul Spense’s Zeitreise gegeben wird. Nein, warum der Imagination Fesseln anlegen? Die wahren Abenteuer sind im Kopf – und sind sie nicht im Kopf, sind sie nirgendwo (Andre Heller). Jeder wähle seinen eigenen Blickwinkel, beurteile für sich selbst, welche Realität die wirklichere ist. Ripperrecords haben ein ungewöhnliches Hörspiel, sicher eines der interessantesten des Jahres geschaffen. Die Qualität des Erstlings wurde nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen. Und man darf gespannt sein, ob Frank Gustavus dieses Level auch weiterhin halten kann.


Kontakt: CHRizzz | eMail: chrizzz@hoerspiele.de
Grafik by lillebror@hoerspiele.de