Erster Eindruck: Märchen mal anders
Felix, ein junger Goldschmied, ist mit seinem Bruder auf dem Weg zu seiner Patin, um ihr sein Gesellenstück zu schenken. Dabei müssen sie auch den Spessart durchqueren, ein gefürchtetes Waldgebiet, in dem es angeblich vor Räubern nur so wimmelt. Abends wollen sie in einem Wirtshaus rasten, und kommen dort gleich mit einem Fuhrmann und einem Studenten ins Gespräch. Da die Wirtin ihnen suspekt vorkommt, wollen sie die Nacht zusammen in einem Zimmer durchwachen. Und tatsächlich: Kurz nachdem eine Gräfin mit ihrem Gefolge ebenfalls in dem Wirtshaus eingezogen ist, taucht ein Räuberhauptmann auf und fordert die Gräfin als Geisel. Felix und seine Kumpanen entschließen sich zu einer gefährlichen List…
Ein Märchen von Wilhelm Hauff diente als Vorlage für dieses Hörspiel, welches im Jahr 1973 erstmals veröffentlicht wurde und als 26. Folge in die Europa-Reihe „Die Originale“ aufgenommen wurde. Keine Frage, das Alter hört man der 42-minütigen Produktion an. Dennoch habe ich mich die ganze Zeit lang gut unterhalten gefühlt, was an der spannenden Vorlage und der insgesamt positiven Sprecherauswahl gelegen hat. Die spannenden Wendungen wurden gut umgesetzt, genauso wie die Charakterdarstellung. Nur das Ende wirkt ein wenig holprig, die Dialoge hätten ausgereifter sein können. Diese kleinen Schwächen haben den Hörspaß aber nur minimal getrübt, sodass ich eine klare Empfehlung für Fans nostalgischer Hörspiele aussprechen kann.
Als Felix, Hauptperson in diesem Stück, hören wir Susanne Hartau. Ob es daran liegt, dass eine Frau einen männlichen Charakter spielt, kann ich nicht sagen, aber oftmals wirkt sie etwas blass und unglaubwürdig in ihrer Rolle. Die meiste Zeit über ist ihre Leitung aber akzeptabel. Heike Kintzel spricht gleich zwei Rollen: Die Wirtin und die Gräfin, sie schafft es aber, eine klare Abtrennung der beiden Charaktere herauszuarbeiten. Sven H. Mahler spricht den Studenten, Rudolf Oeser den Jäger und Hans Paetsch macht den Erzähler. Eine insgesamt gute Wahl!
Dass vor 25 Jahren nicht die gleichen technischen Möglichkeiten gegeben waren wie heute versteht sich wohl von allein. Trotzdem ist es dem Europa-Team um Regisseur Claudius Brac gelungen, eine schöne Atmosphäre mit glaubhaften Geräuschen und passender Musik zu schaffen.
Leider ist die Sprecherübersicht nicht nur unübersichtlich (weil ungeordnet), sondern außerdem nicht komplett. Hier hätte mehr Sorgfalt walten können. Die Coverzeichnung und die Aufmachung an sich sind aber gelungen. Der Sammelrücken ist eine der schönsten Ideen im CD-Regal, die dezente Wellenbewegung wirkt einfach klasse!
Fazit: Eine wirklich schöne Folge der Europa-Originale, und die Vorlage von Wilhelm Hauff ist ja wirklich schon ein Klassiker!
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