Erster Eindruck: Schändliches Treiben in ganz Europa
Auf einem Ball zu seiner Einführung in die Gesellschaft macht der junge Adelige Percy Aubrey Bekanntschaft mit Lord Ruthven, einem Mann, der ihn sofort mit seiner düsteren Aura fasziniert. Schnell entschließen sich die beiden, zusammen auf eine ausgedehnte Reise durch ganz Europa zu gehen. Doch schnell wird die Freundschaft der beiden ungleichen Kameraden auf die Probe gestellt, denn ein Brief aus London erreicht Percy...
Auf sage und schreibe 30 Folgen hat es das ausgezeichnete Gruselkabinett von Titania Medien bereits gemacht - dazu erst einmal herzliche Glückwünsche. Nach dem eher außergewöhnlichen "Glöckner von Notre Dame" wird mit John William Polidoris "Der Vampir" wieder klassische Schauerromantik geboten. Gänsehaut ist den Hörern gerantiert, denn immer bedrohlicher und rätselhafter wird das Autauchen von Lord Ruthven. Doch auch die Psyche Percys, die durch immer neue Leiden weiter und weiter geschwächt wird, spielt in dieser Erzählung eine entscheidende Rolle. Diese beiden Komponenten lassen ein interessantes und unterhaltsames Werk entstehen, das in einem spannenden und dramatischen Ende gipfelt. Besonders der letzte Satz, ein düsterer Ausblick, lässt einen erschauern. Außergewöhnlich ist die Erzählweise, die sich teilweise aus Briefen von Percy zusammensetzt und teilweise ganz ohne Erzähler auskommt und dabei zwischen verschiedenen Perspektiven wechselt. Wieder beweisen Marc Gruppe und Stephan Bosenius, dass sie die beiden Männer für feinsinnigen Grusel sind.
Auch die Sprecher tragen einen großen Teil zum Gelingen der Produktion bei. Patrick Bach fällt als Percy Aubrey der größte Teil zu, und diesen gestaltet er mit getragener Stimme mit viel Betonung, ohne festgefahren zu wirken. Sein Gegenpart, Lord Ruthven, wird von Christian Stark gesprochen, der eine intensive und schauerliche Leistung abliefert. Auch Kristine Walther passt als Jane Aubrey, Percys Schwester, wunderbar in das hervorragende Ensemble, zu dem auch noch Sarah Riedel, Kaspar Eichel und Anita Lochner gehören.
Die Musik ist an die Zeit des frühen 19. Jahrhunderts angelehnt und überzeugt mit Orchesterarrangements, die die Story tragen und einen roten Faden bilden. Besonders in den dramatischeren Szenen ist sie auch schon mal etwas lauter und bildet so mit den Sprechern ein intensives Klangerlebnis.
Ziemlich düster ist das Cover, auf dem wir die zwei Hauptpersonen betrachten dürfen. Besonders die Vollmondszene mit der Toten auf den Armen des Mannes, dessen Gesicht im Halbschatten liegt, ist sehr gelungen. Auch die Gestaltung mit den umrahmenden Säulen und dem schönen "Gruselkabinett" Schriftzug muss an dieser Stelle noch einmal gelobt werden.
Fazit: Das Gruselkabinett mit einer bestechenden Folge, die wunderbar in die Reihe passt und feinen Grusel bietet. Für einen grusligen Winterabend genau das richtige.
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