Was für eine Geschichte! Doktor Blacks Ehefrau wird seit einiger
nicht mehr gesehen und schon gibt es Gerüchte – die so stark eskalieren, dass
der Arme keine Kundschaft mehr hat. Erzählt wird Dr. Blacks Geschichte von
einem Schriftsteller, der seine Inspirationen in London findet. Entsprechend
ist das Hörspiel inszeniert. Besagter Schauspieler trifft einen alten Freund,
dem er von seinen Erlebnissen erzählt…
Kritisieren kann ich nur Kleinigkeiten. Zum Beispiel Sätze,
die aufgeschrieben sehr sinnvoll sind, aber in der wörtlichen Rede ein wenig
unwirklich vorkommen. Ein Beispiel ist in Track drei und vier zu hören. Der
Satz „Denn genau zur rechten Zeit starb mein Onkel.“ Hat noch einen Einschub
vor „starb“ – und wurde auf zwei Tracks aufgeteilt, so lang ist der Einschub.
;)
Ich würde in der wörtlichen Rede auch einen Einschub bringen, aber dann den
Satz nicht unverändert fortführen, sondern nochmal kurz einleiten. Zum Beispiel
mit „da“: „Da starb mein Onkel.“ Vielleicht ist das nur mein Sprachgefühl. Das
ist – wie gesagt – eine Kleinigkeit, über die ich stolpere, wenn ich das
Hörspiel ganz genau höre und auf Details achte. Insgesamt sind die Dialoge sehr
lebendig und überzeugend. Es werden nicht nur Worte, sondern auch Laute von
sich gegeben und das ganze mit viel Liebe zum Detail vorgetragen. D.h. es wird
sich sehr viel Mühe mit der Betonung gegeben. Insgesamt sehe ich die Titania
Medien Hörspiele auch meistens als ein vertontes Buch an – zumindest inzwischen.
Somit stört es mich nicht, dass einige Sätze unglaublich lang sind, sodass der
Schauspieler merklich Mühe hat ihn vollständig mit der gewünschten Betonung
vorzutragen. Mein Lieblingsbeispiel aus diesem Hörspiel:
So hätte ich es gesagt: „Da bleibt mir ja nur Ihnen von Herzen zu gratulieren.“
Mr. Salisbury sagt: „Da bleibt mir ja nur Ihnen von Herzen zu dieser
erfreulichen Wendung Ihres Geschicks zu gratulieren.“
Ich kann daher gut verstehen, dass solche Dialoge, die eben auch kurz und knapp
abgehandelt werden könnten und vor allem auf das Wesentliche beschränkt, nicht
jedermanns Sache sind. Für mich sind sie ein Teil des Gruselkabinett-Konzepts: Nah
an der Vorlage und an der Vorstellung, wie zur Zeit der Handlung gesprochen wurde.
Nicht Kino für die Ohren, sondern ein Buch für die Ohren. Ein atmosphärisches Hörspiel,
das versucht die Atmosphäre, die beim Lesen des Werks entstehen kann, hörbar zu
machen.
Bitte nicht weiterlesen, wenn nicht zu viel – für meinen
Geschmack – vom Ende verraten werden soll. Ich verrate jedoch (zunächst) nicht
mehr, als bereits im Klappentext steht.
„Ein teuflischer Seelenhandel“ steht auf der Rückseite der
CD. Wie üblich, habe ich die Inhaltsbeschreibung erst nach dem Hören des
Hörspiels gelesen. Bei Hörspielen von Titania Medien greife ich blind zu, so
wie früher bei Hörspielen von Europa. Die vorherigen Sätze und Satzteile gefallen
mir sehr gut, weil sie nicht zu viel vom Inhalt verraten. Der letzte Satzteil
hat mich etwas überrascht: „Seelenhandel“. Kann man es so nennen? Vielleicht. Vielleicht
wurde das Wort „Seelentausch“ nicht verwendet, um nicht allzu viel zu verraten?
Auf jeden Fall bin ich überaus froh, dieses Wort erst jetzt gelesen zu haben, sonst
hätte ich das Hörspiel ganz anders gehört. Ohne das Wort war ich vom Ende hübsch
überrascht.
Das gleiche wie über die Inhaltsbeschreibung kann über das Cover gesagt werden.
Oder verrate jetzt ich zu viel?
Den Titel der Geschichte finde ich überaus gelungen. Cover,
Inhaltsbeschreibung und Titel harmonieren wunderbar und zusammen verraten sie das
Geheimnis des Dr. Black. Gerade der Titel und das Bild haben mich im Anschluss
an das Hörspiel zum Nachsinnen angeregt.
Ich frage ich mich, wie Steven Black seine Frau überzeugt
hat, seinen Wünschen zu entsprechen. Denn offensichtlich kannte sie die Risiken
und bat ihn daher um etwas, das er schließlich tat, aber – sicherlich aus Liebe
– erst sehr spät. Nach mehrmaligem Hören glaube ich nun zu Wissen, was der
Grund für sein Ziel war, denn das Ziel bzw. das Ergebnis ergab für mich
zunächst keinen Sinn. Abgesehen davon etwas zu schaffen, was noch keinem
anderen gelungen ist.
Die Musik- und Geräuschkulisse ist wie gewohnt einmalig gut.
Gratulation! Am Ende wird das inzwischen beliebte Stilmittel verwendet, die Monster/Geister/Dämonen
(aus der griechischen Mythologie) oder eben geretteten Seelen noch einmal akustisch
darzustellen. Das fand ich bei anderen Folgen hervorragend, hier jedoch fehl am
Platz. Besonders verstörend fand ich, dass die gerettete Seele lacht. Das erinnert
mich zu sehr an boshaftes Lachen und ich hätte eher ein erlösendes Geräusch
erwartet. So etwas wie ein erleichtertes Seufzen. Im Hörspielfinale, als das
Vorlesen der Aufzeichnungen endet, fand ich ein Lachen nicht so unangemessen,
wie in den letzten Sekunden des Hörspiels. Ist aber nicht meine erste Wahl.
Die Sprecher sind allesamt sehr gut ausgewählt. Die etwas
schnulzigen Dialoge werden passend charmant von Claus Thull-Emden und Patrick
Mölleken präsentiert. Christoph Jablonka ist eine hervorragende Wahl für den mysteriösen
Doktor, über den der Schriftsteller (Patrick Mölleken) immer mehr herausfindet.
Claudia Urbschat-Mingues spricht perfekt die liebende Ehefrau und hat abgesehen
vom Sprachanteil und vielen Lauten, die sie von sich gibt, für meinen Geschmack
zu viel zum Lachen. In weiteren Rollen überzeugen Marc Gruppe, Tom Raczko, Axel
Lutter, Matthias Lühn, Edda Fischer, Philine Peters-Arnolds, Bert Stevens,
Ursula Wüsthof und Carmen Schulte.
Fazit
Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte und interessante Darstellung der Ereignisse
aus der Perspektive eines Schriftstellers. Gewohnt literarisch, gewohnt atmosphärisch
inszeniert.